Tierarzt Training oder auch Happy Visit Teil 4/4

Tierarzt Training oder auch Happy Visit Teil 4/4

Heute starten wir in den Aufbau des Trainings. Ich empfehle dir aber dringend davor Teil 1, Teil 2 und Teil 3 zu lesen, damit du alle wichtige Hintergrundinformation weißt.

Wer wünscht es sich nicht. Einen entspannten Hund beim Tierarzt und bei allen pflegerischen Maßnahmen. Im Hundetraining gibt es immer viele Wege die ans Ziel führen und daher stelle ich dir heute einige Wege vor. 

Der Schwerpunkt des Trainings wird je nach Hund und seiner Vorgeschichte unterschiedlich ausfallen. Jedoch bleiben die Trainingsziele in der Regel dieselben. Hier empfehle ich dir die Liste so genau als möglich auszufüllen um dir dann deine Endziele zu stecken und die Zwischenziele zu erarbeiten

Gewöhnung – Habituation

Hier gewöhne ich meinen Hund Stück für Stück an einen Reiz, der immer wiederholt wird, sodass der Hund diesen Reiz als ungefährlich einstufen wird.

Wenn ich zum Beispiel mit Augentropfen in der Hand auf meinen Hund zu gehe, weicht der Hund vielleicht zurück oder geht sogar. Mit jeder Wiederholung, wo mein Hund lernt, dass nichts Schlimmes passiert wird das Weichen weniger werden, bis der Hund irgendwann still dasteht und sich die Augentropfen verabreichen lässt. Das Gleiche wird mit einer Zeckenzange oder einem Fieberthermometer passieren.

Wie ist die Funktionsweise?

Der Hund hat die Augentropfen noch nie gesehen und es ist eine neue Situation für ihn. Daher wird er weichen wollen, weil er es schlicht und einfach nicht kennt. Die Gewöhnung ist also ein Lernprozess, die viele Wiederholungen in kleinen Schritten benötigt, damit der Hund daran gewöhnt werden kann, dass solche Augentropfen nichts Schlimmes bedeuten. (Siehe Aufgabe 4)

Die Habituation ist mit der einfachsten Möglichkeit unsere Hunde auf verschiedene Manipulationen vorzubereiten. Diese Art von Training funktioniert aber nur, wenn der Hund diese Situation noch nicht als für ihn gefährlich oder unangenehm verknüpft hat.

Operante Konditionierung

Bei der operanten Konditionierung nehme ich Einfluss auf die Auftrittshäufigkeit einer Verhaltensweise. Erwünschte Verhaltensweisen werden durch angenehme Konsequenzen (Positive Verstärkung) bzw. durch das Ausbleiben unangenehmer Konsequenzen (Negative Verstärkung) belohnt.

Mit dieser Art von Konditionierung bringe ich meinem Hund fast alle Signale bei. Und somit kann ich hier zum Beispiel auch Tricks, die dieses spezielle Training unterstützen mit einbauen. Super geeignet ist zum Beispiel der Trick „Kopf in die Hand ablegen“ oder „Kopf ablegen“.

So kann ich meinem Hund beim Tierarzt dieses Signal geben und er hält solange still seinen Kopf in meiner Hand, bis z.B. die Untersuchung abgeschlossen ist.  

Gegenkonditionierung

Die Gegenkonditionierung ist eine Methode in der Hundeerziehung. Sie beruht auf derselben Grundlage wie die klassische Konditionierung.

Voraussetzung für diese Art der Konditionierung ist, dass dein Hund bereits auf eine spezielle Situation oder einen speziellen Auslöser eine Verhaltensreaktion zeigt.

Meine Leseempfehlung:
Wie lernt mein Hund Teil 3

Gehört dieses Verhalten nicht zu einem erwünschten Verhalten so wird mit der Gegenkonditionierung versucht, es in ein anderes, in dem Fall positiv behaftetes Verhalten um zu konditionieren. Das Ziel ist die Emotion, die zuvor negativ war, in eine positive Emotion umzuwandeln.

Beispiel Augentropfen: Wenn der Mensch einfach auf den Hund zugeht, ihn am Kopf festhält, das Auge aufhält und die Tropfen rein macht, löst dieses Vorgehen oft nur negative Emotionen beim Hund aus.

Achtet man mehr auf die eigene Körpersprache (nicht über den Hund beugen, ihn vielleicht erhöht hinstellen) und füttert man den Hund jedes Mal davor und danach mit seinem Lieblingsfutter, so kann nach vielen Wiederholungen eine positive Emotion ausgelöst werden.

Sollte der Reiz (z. B. Augentropfen, Zeckenzange, etc.) jedoch als Bedrohung wahrgenommen werden, kommen wir alleine mit der Gegenkonditionierung nicht weiter. In diesem Fall nehmen wir uns die systematische Desensibilisierung zur Hilfe (siehe unten). Diese verfließt in der Praxis oft mit der klassischen Gegenkonditionierung.

Die Gegenkonditionierung dagegen schwächt den Angstreiz nicht nur ab, sie setzt auch noch zusätzlich einen neuen Reiz mit einer positiven Verknüpfung an die Stelle (positive Verstärkung z. B. Futter)

Systematische Desensibilisierung

Eine verwandte Methode ist die systematische Desensibilisierung. Sie wird hauptsächlich bei starken Angstreizen eingesetzt. Bei ihr wird der Hund immer wieder mit dem Objekt der Angst konfrontiert, ohne dass etwas passiert.

So schwächt sich die Angst nach und nach ab. Ziel ist hier die negative Emotion, die durch einen angsteinflößenden Reiz ausgelöst wird, schrittweise durch eine positive Emotion zu ersetzen.

Dafür wird vorab eine Abstufung der Angst erarbeitet (Liste erstellt), dessen Reize dann einzeln nacheinander mit einem positiven Baustein kombiniert werden.

Beispiel Augentropfen:

  1. Liste mit den Abstufungen der Angst:

Begonnen wird mit dem Reiz, der den Hund am wenigsten ängstigt oder nervös macht. Dies wird bis zu dem Reiz gesteigert, der ihn am meisten ängstigt.

Zum Beispiel:

  • am wenigsten beängstigend: Der Mensch nähert sich dem Hund mit den Augentropfen in der Hand
  • etwas nervöser: kommt mit den Augentropfen Richtung Kopf
  • am meisten beängstigend: Hält das Auge auf
  1. Aufbau der Reize:

Der Hund wird zunächst mit dem am wenigsten beängstigenden Reiz konfrontiert. Ich nähere mich also mit den Augentropfen in der Hand und der Hund erhält sofort eine Belohnung – meist eignet sich das Lieblingsfutter dafür.

Sobald eine Reaktion wie Unwohlsein oder Angst ausbleibt, wird der Hund mit dem nächsten Reiz aus der Liste der Abstufungen konfrontiert. Reagiert auch hier nach etlichen Wiederholungen mit positiver Bestätigung der Hund neutral, so kann ich zum letzten Schritt übergehen.

Habe ich diese Liste sauber und korrekt abgearbeitet, wird mein Hund in Zukunft beim kompletten Ablauf entspannt bleiben.   



 Konditionierte Entspannung

Mit Hilfe der konditionierten Entspannung kann es möglich sein deinen Hund mit Hilfe eines Signals in ein niedrigeres Erregungslevel zu bringen.

Hier kann z. B. mit einem Wort gearbeitet werden oder mit einem sogenannten Dauersignal, wie z. B. ein Halstuch. Das Dauersignal, also das Tuch hat den Vorteil, dass dein Hund immer wieder automatisch daran erinnert wird, wenn er für längere Zeit in einem Zustand verweilen muss.

Aufbau des Signals

Der Aufbau erfolgt mittels klassischer Konditionierung, indem das Wort mit Entspannung verknüpft wird. Das Halstuch wird umgebunden und nun erfolgt eine für den Hund sehr entspannende Handlung. Das können sein: den Hund massieren, auf der Couch kuscheln, streicheln oder mit einer weichen Bürste das Fell langsam striegeln.

Wichtig:

Die konditionierte Entspannung kann in Verbindung mit anderen Trainingsansätzen ein förderliches Werkzeug für das Training sein. Doch wichtig ist, dass wir keine Wunder dadurch erwarten dürfen! Es kann eine Ergänzung sein, ersetzt aber nicht das eigentliche Training. Ist das Erregungsniveau des Hundes zu hoch, kann es auch nur bedingt helfen

Adaptil als Hilfsmittel

Auch kann das Adaptil Halsband ein Hilfsmittel für das Training des Entspannungs-Signales sein. Dieses funktioniert über Pheromone der Mutterhündin und kann auf manche Hunde ebenfalls eine beruhigende Wirkung haben.

Signale vermitteln Sicherheit

Im Training können Signale (die konditioniert sind) ein hilfreiches Werkzeug sein. Hiermit kann ich meinem Hund wichtige Informationen vermitteln und natürlich auch erwünschte und gelernte Verhaltensweisen abrufen.

Ereignisse ansagen

Mit Hilfe von Signalen ist es möglich, unseren Hunden eine gewisse Sicherheit und Vorhersagbarkeit von anstehenden Ereignissen zu kommunizieren. Dies gibt wie uns Menschen auch Sicherheit und somit können wir diese Geschehnisse besser ab- und einschätzen.

Praktische Umsetzung

Wenn ich meinem Hund jedes Mal zu einem bestimmten Ereignis ein bestimmtes Signal gebe, erhält dieses Signal nach vielen Wiederholungen eine Bedeutung und meinem Hund wird dadurch klar, was ihn gleich erwartet. Sage ich zum Beispiel vor dem Pfoten in die Hand nehmen immer wieder das Wort „Pfote“, weiß er nach einiger Zeit, was gleich passiert. Das kann ich mit allen Ereignissen machen: „Ohren anschauen“, „Fieber messen“, „Krallen schneiden“, „Mantel anziehen“ usw.

Training mit einem bestimmten Untergrund
(Untergrund ist das Signal)

Dies ist ähnlich, wie das Ansagen von Geschehnissen mit Hilfe von Signalen.

Hier für wähle ich für das Training einen speziellen Untergrund (der immer gleich ist), den ich auch mit in die Arztpraxis nehmen kann.

Dieser Untergrund kann eine Matte sein, die aber rutschfest sein sollte. Badezimmer-Teppiche oder Duschmatten eignen sich hier besonders.

Die Matte als Signal kann deinem Hund große Sicherheit geben und signalisiert ihm gleichzeitig, dass jetzt Ruhe und Stillhalten angesagt ist.

Fazit Medical Training oder Happy Visit

Ein gut durchgeführtes Training kann dein Hund bestmöglich auf Untersuchungen und Manipulationen durch dich, durch den Tierarzt, durch den Hundefriseur usw. bestmöglich vorbereitet werden. Das Ziel ist immer eine so gut wie möglich stress- und angstfreie Situation für den Hund zu erreichen!

Dieses Training erleichtert nicht nur dir, sondern auch deinem Tierarzt inkl. Personal die Arbeit und sorgt für weniger gefährliche Situationen!

Vielen Dank, dass du meinen Artikel bis zum Schluss gelesen hast.
Ich freue mich sehr auf jegliches Feedback, über deine Meinungen und Gedanken und freue mich wenn du den Artikel weiter teilst.

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Über die Autorin
Saskia Katharina Siebel

Ich bin leidenschaftliche Hunde- und Menschentrainerin und eine absolute Herzensangelegenheit ist die Tierfotografie.

Seit einigen Jahren schreibe ich regelmäßig Blogartikel (die es manchmal auch in sich haben) und trotzdem ist das Feedback von euch darauf großartig. Viele von euch nehmen sich meine Worte zu Herzen und viele von euch fangen an sich und ihr Verhalten zu reflektieren. Somit hab ich mein Ziel erreicht 🙂

Ich wünsche mir ein friedvolles, faires und stressfreies Miteinander für jedes Mensch-Hund-Team. Dazu gehört aber mehr als nur Gassigehen und dem Hund Signale beibringen.

Das Wichtigste ist:

Arbeite an dir und lasse dich auf deinen Hund ein. Lerne deinen Hund zu verstehen. Lerne deinen Hund zu lesen. Sei mit Verstand und Herz dabei!

Das Ergebnis wird dich staunen lassen!

Über die Autorin Saskia Katharina Siebel


Ich bin leidenschaftliche Hunde- und Menschentrainerin und eine absolute Herzensangelegenheit ist die Tierfotografie.

Seit einigen Jahren schreibe ich regelmäßig Blogartikel (die es manchmal auch in sich haben) und trotzdem ist das Feedback von euch darauf großartig. Viele von euch nehmen sich meine Worte zu Herzen und viele von euch fangen an sich und ihr Verhalten zu reflektieren. Somit hab ich mein Ziel erreicht 🙂

Ich wünsche mir ein friedvolles, faires und stressfreies Miteinander für jedes Mensch-Hund-Team. Dazu gehört aber mehr als nur Gassigehen und dem Hund Signale beibringen.

Das Wichtigste ist:

Arbeite an dir und lasse dich auf deinen Hund ein. Lerne deinen Hund zu verstehen. Lerne deinen Hund zu lesen. Sei mit Verstand und Herz dabei!

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